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Übertriebener Perfektionismus verhindert Innovation.

Übertriebener Perfektionismus verhindert Innovation.

Die Zeit nach der Corona-Krise. Basel muss mit Traditionen brechen und an Agilität und Innovationskraft zulegen.

Basel geht es gut, wir haben die höchste Pro-Kopf-Wertschöpfung der Schweiz. Unsere Leitbranche, die Life Sciences Industrie, generiert hohe Steuereinnahmen und hat eine hohe Innovationskraft. Basel wächst, überall wird gebaut, zehntausende neue Einwohner sollen in die Stadt kommen und zehntausende neue Arbeitsplätze sollen entstehen.

Das war vor Corona. Was wird sein nach Corona?

„Nichts wird mehr so sein wie vorher“, so lautet der deutsche Titel von „Ghost Writer“. Im Film kehrt der Geist eines Autors zurück und stellt die Welt auf den Kopf.

Wir sitzen seit über einem Monat im Lockdown fest und haben Glück, dass wenigstens die Sonne scheint. Es sind düsterere Szenarien, die herumgereicht werden. Ein Beizensterben von 50 Prozent wird vorausgesagt, Firmen sind in Kurzarbeit und deren Existenz ist bedroht. Der schon kriselnde lokale Detailhandel ruht, die Messe kommt immer weiter unter Druck und gar unser allerseits geliebter FC Basel wirkt angeschlagen.

Wir wissen nicht, was die Zukunft bringen wird. Unabhängig davon, wie lange wir im Krisenmodus bleiben werden, steht fest: Es wird nachhaltige Veränderungen geben.

Es ist fraglich, ob wir einfach zu der Zeit vor der Krise zurückkehren können – der verordnete Lockdown wird sich auch auf die Zukunft auswirken und einen starken Einfluss auf uns alle haben.

Nicht in Schockstarre verfallen

Die Digitalisierung und die Automatisierung werden weiter voranschreiten, die Arbeitsprozesse haben sich bereits verändert und werden sich weiter verändern, staatliche Regulierungen werden zunehmen.

Das Konsum- und Mobilitätsverhalten wird sich ändern. Es wird eine neue Balance zwischen Globalem und Lokalem geben. Die Gesundheit und die gesunde Ernährung werden an Bedeutung gewinnen. Der Umgang mit Ressourcen und der Umwelt wird noch wichtiger.

Menschen reagieren unterschiedlich auf unerwartete Veränderungen. Während die einen quasi in eine Schockstarre verfallen und sich zurückziehen, reagieren die anderen rasch auf die veränderten Umstände und passen sich ihnen an.

Für Basel ist es wichtig, dass wir nicht in eine Schockstarre verfallen und dass wir rasch zu einer neuen Normalität zurückfinden. Wir müssen uns der Zukunft stellen und neue Ideen entwickeln, um die kommenden Herausforderungen zu meistern.

Es fehlt die Kultur zur Innovation

Basel ist träge geworden, bei Infrastruktur- und Bauprojekten ist der Wurm drin, die jährlichen Finanzüberschüsse des Kantons führten dazu, dass wir uns auf die Verwaltung und die Verteilung des Geldes konzentriert haben und nicht die DNA des Life Sciences Sektor übernommen haben. Basel ist ausserhalb dieser Industrie wenig innovativ.

Uns fehlt eine entsprechende Kultur zur Innovation. Roche-CEO Severin Schwan erklärte einmal was es braucht, damit Innovation funktioniert: Man muss den Menschen viel Freiheit geben, damit sie kreativ sein können. Freiheit muss man aber auch einfordern und so lange der Staat einem so wohl umsorgt wie in Basel, bleibt man lieber bequem sitzen.

Was uns fehlt sind die grossen Ideen. Es gibt zwar zahlreiche sogenannte Transformationsareale und den Traum vom Eisenbahn-Herzstück, welches in frühestens 20 Jahren fertig ist. Aber die grosse Vision für die Stadt fehlt, wo soll Basel in 20 Jahren sein und was braucht es dazu? Erste zaghafte Blüten einer Smart City gibt es zwar, aber eine Innovationskultur haben wir definitiv nicht.

Das Drämmli als Heiligtum

Bei der Mobilität huldigen wir unser Drämmli, welches seit 125 Jahre quasi gleich unflexibel auf starren Schienen, die immer rascher ersetzt werden müssen, durch die Stadt tuckert. Die vielen Trams stören alle, aber wir lieben unser Drämmli. Wer auf flexiblere pneufahrende Trambusse aus der Zukunft verweist, wird fast schon aus der Stadt gejagt.

Und auch bei den Bussen ist die vermeintliche Innovation zwiespältig, nach einem kurzen Test eines Elektro-Busses sollen gleich alle Busse auf genau diesen Elektroantrieb umgestellt werden. Man plant für die Umstellung gar den Neubau der Busgarage, damit man die Elektrobusse entsprechend aufladen kann.

Ob es innovativ, nachhaltig und der Weisheit letzter Schluss ist, auf einen Bus eine tonnenschwere Batterie zu packen oder ob es in ein paar Jahren nicht bessere Technologien gibt, ich hoffe auf das Zweite. Dass auch erste Versuche mit autonomen Bussen nicht im finanzstarken Basel, sondern im behäbigen Bern stattfinden, Innovation sieht anders aus.

Ganz allgemeine sieht es in Basel nicht gut aus mit der Digitalisierung, das für die Life Sciences Industrie wichtige Projekt zum digitalen Patientendossier steckt schon länger in der Krise, die 5G-Technologie wird bekämpft und das E-Voting wurde durch die Politik gestoppt, weil das was in Estland bestens funktioniert, in Basel als unsicher angeschaut wird.

Bei der Digitalisierung der Verwaltung ist man, wenn überhaupt, mit kleinen Schritten unterwegs. Beim Justiz- und Sicherheitsdepartement versucht man die Papierflut und die Rapporte zu digitalisieren und standardisieren. Die Polizei verteilt auch seit ein paar Jahren den Bussenzettel mit QR-Code, der mit dem Smartphone eingescannt werden. Das ist viel zu wenig.

Auch unsere Medien sind nicht wirklich innovativ.  Das E-Paper der Zeitungen ist auch nach Jahren immer noch primär ein PDF der gedruckten Zeitung. Weiterführende Direktlinks, mehr Bilder oder Videos, Interaktion oder gar Angebote, die man direkt wählen und kaufen kann, Fehlanzeige.

Nach der Krise den Schwung behalten

Wie schaffen wir es aber eine Kultur der Innovation zu ermöglichen?

Home Schooling respektive Home Learning zeigten es: Alle, Lehrinnen und Lehrer, Lernende, Kinder und Eltern mussten erfahren, wie es ist, wenn man von heute auf morgen gezwungen ist, den Alltag umzustellen, neue Tools und neue Lernprogramme zu erlernen und damit rasch wirkungsvoll zu arbeiten.

Sicher nicht leicht für viele, aber die ausserordentliche Situation zwingt alle dazu, neue Ideen und Lösungswege auszuprobieren und zu entwickeln.

Trial-and-Error-Methoden und andere agile Methoden sind im deutschsprachigen Raum auch heute noch wenig verbreitet. Fehler machen gilt als verpönt. Mit Ausprobieren zum Erfolg ist aber ein Rezept, das in der Informatik seit Jahren funktioniert, um den besten Weg zur Lösung eines Problems zu finden.

Behalten wir auch nach der Krise den Schwung, um Neues auszuprobieren. Schaffen wir einen Mentalitätswandel zurück zu unseren Wurzeln eines offenen Geistes für das Neue und Unbekannte.

Lasst uns neue Wege gehen und auch einmal mit einer Tradition brechen. Wir brauchen agiles Denken und Handeln. Es muss nicht immer alles gleich perfekt sein – es braucht auch nicht bei jeder Verkehrsinsel hundert einzeln verlegte Steine.

Schaffen wir eine Innovations-Plattform mit Innovationsfonds als Privat-Public-Partnership mit der Life Sciences Industrie. Lernen wir Innovation von unser Leitindustrie. Wenn das Ganze am Ende zu einer Innovationsmesse führt, dann hätten alle etwas davon.

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