Schon während meines Studiums als Betriebsökonom spielte ich mit dem Gedanken, mich selbständig zu machen. Ich hatte diesen Drang nach Unabhängigkeit und Freiheit in mir. Als es dann vor 15 Jahren bei meinem letzten Arbeitgeber zu starken Veränderungen kam, war für mich die Zeit gekommen, mein berufliches Schicksal in meine eigenen Hände zu legen.
Zusammen mit einem ehemaligen Arbeitskollegen entschloss ich mich, mich dem Beratungsunternehmen Rainmaker aus England anzuschliessen. Wir arbeiteten mit Rainmaker im Rahmen des Börsengangs des Unternehmens zusammen.
Gerne blicke ich nachfolgend zurück auf 15 Jahre Selbständigkeit und auf ein paar Anekdoten. Ich versuche ein paar Tipps für Neustarter zu geben und führe aus, warum teils sehr alte Sprichwörter und Lebensweisheiten auch in der heutigen Geschäftswelt noch relevant sind.
Der Antrieb zur Selbständigkeit
«Wenn das Leben keine Vision hat, nach der man strebt, nach der man sich sehnt, die man verwirklichen möchte, dann gibt es kein Motiv, sich anzustrengen.»
Erich Fromm
Eine wesentliche Grundvoraussetzung für die selbständige Tätigkeit ist, dass man nicht nur eine grosse Idee hat, sondern auch mit viel Leidenschaft und Ausdauer daran arbeitet, die Idee zu verwirklichen und umzusetzen. Feuer und Flamme sein für die Selbständigkeit ist zentral und wichtig.
Wenn sich jemand primär aus einem äusseren Druck selbständig macht, dann kommt das in den wenigsten Fällen gut.
Jeder der sich selbständig macht, sollte ein klares Ziel verfolgen. Die wenigstens machen sich selbständig, um Millionen zu verdienen. Das wird auch nur den wenigsten gelingen, aber bevor man sich selbständig macht, sollte man sich gut überlegen, warum man sich auf den Weg zur Selbständigkeit macht und was man erreichen will.
Bei den einen geht es um Leidenschaft – zum Beispiel mit einem eigenen Restaurant Gäste zu verwöhnen, selbst designte Möbel herzustellen oder mit seinem eigenen unabhängigen Medium durchzustarten wie Prime News Gründer Christian Keller. Bei mir war es primär der Wunsch, meines Glückes Schmied sein.
Die Gründung
«Ein Ziel ohne Plan ist ein Wunsch.»
Antoine de Saint-Exupery
Die Gründungsphase eines Unternehmens ist zentral für die Entwicklung und den Erfolg eines Unternehmens. Eine gut vorbereitete Unternehmensgründung ist die halbe Miete.
Aus meiner Sicht führt nichts an einem soliden Businessplan vorbei. Denn im Businessplan werden die zentralen Themen für die Unternehmenstätigkeit abgehandelt und besprochen. Wer meint, ohne Businessplan auszukommen, der wird mit aller grösster Wahrscheinlichkeit scheitern.
Leider scheitern mehr als die Hälfte der Neugründungen. Hauptgründe sind die fehlende Nachfrage oder der Mangel an finanziellen Mitteln, aber auch eine schlechte Vorbereitung der Unternehmensgründung. Ein Businessplan zu schreiben ist das eine, ihn auf Herz und Nieren im privaten und geschäftlichen Umfeld zu überprüfen, das andere. Dabei gilt das Sprichwort: Kritik ist kein Gift, sondern Medizin, auch wenn sie bitter schmecken kann.
Spielt man einen Businessplan ehrlich und realistisch durch und überprüft das Geschäftsmodell selbstkritisch, dann steigen die Chancen definitiv nicht zu scheitern. Ich hatte mehrere Coaches für die Selbständigkeit. Und zum Glück waren wir in der Gründungsphase auch zu zweit und konnten auf die Namensgeber von Rainmaker, zwei erfahrene Marketingexperten aus England zurückgreifen.
Die Gründungsphase ist auch mit viel administrativer Arbeit und Papierkram verbunden. Ich erinnerte mich, wie wir in diversen Meetings und Telefonkonferenzen versuchten unsere Partnerschaft mit den Rainmakern aus England zu regeln.
Bei der Version zwölf oder fünfzehn der Zusammenarbeitsvereinbarung haben wir dann aufgehört und von da an ganz ohne Vertrag zusammengearbeitet.
Ein erstes Highlight nach der ganzen Vorbereitungszeit war der Gang zum Notar und die Unterschrift unter die Gründungspapiere der Gesellschaft. Wir hatten uns für eine GmbH entschieden.
Eine GmbH macht es einfacher zwischen privatem und geschäftlichen zu trennen und regelt auch einfach die Altersvorsoge. Mein damaliger Geschäftspartner übergab mir nach der Gründungszeremonie bei einer guten Flasche Wein schön verpackt den ersten Firmenstempel. Dieser hat auch heute noch einen besonderen Platz in meinem Büro.
Die grosse Angst vor der Kaltakquise
Für viele Selbständigerwerbende ist die Kaltakquise eine grosse Herausforderung. Ich war da keine Ausnahme und ich habe viel über die Kaltakquise gelesen und mich darüber ausgetauscht.
Da die wenigsten Neustarter ihre Kunden nur über das persönliche Netzwerk gewinnen können, ist die Akquise zentral in der Startphase. Es gibt dazu zwar viele Tipps, aber ich meine, jeder muss für sich einen eigenen Weg finden.
Ich machte das so: Vor der effektiven Kaltakquise und dem Telefonanruf habe ich potenziellen Kunden eine Postkarte zum Beispiel mit einer Frage zur Wettbewerbs-Differenzierung gesendet. Beim Telefonanruf bezog ich mich dann auf die Postkarte.
Viele der angeschriebenen Personen konnten sich zwar nicht mehr an die Postkarte erinnern, aber das Eis war gebrochen und das eine oder andere Gespräch führten zu einem Termin und am Ende zu einer Zusammenarbeit. Die Freude über den ersten Neukunden via Kaltakquise war dann auch entsprechend gross.
Die Kundenbindung
«Ihre unzufriedensten Kunden sind Ihre beste Lernquelle.»
Bill Gates
Kundenbindung ist genauso wichtig wie die Kundengewinnung. Bei einem der ersten Kunden wurde ich vom Inhaber einmal ins Büro zitiert und gefragt, wie es mit unserem Projekt weiter geht. Ich hatte den Auftrag eine Standortbestimmung mit Workshops mit Mitarbeitenden und der Geschäftsführung durchzuführen. Ziel war es, das Unternehmen auf die Zukunft auszurichten.
Der Chef war mit dem Prozess irgendwie unzufrieden. Was ihn genau gestört hat, weiss ich heute noch nicht, weil ich damals nicht wirklich nachgefragt habe.
Später habe ich dann einen möglichen Folgeauftrag nicht erhalten und jemand anderes hat das Projekt weitergeführt. Wohl weil ich mir nicht in Ruhe angehört und nachgefragt habe, was das Problem vom Inhaber war und ich nur meinen eigenen Prozess im Kopf weiter vorantreiben wollte.
Die Weiterentwicklung
«Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war.»
Bertold Brecht
Ich habe oben geschrieben, wie wichtig es ist, einen Businessplan zu haben. Das stimmt, aber die Erfahrung zeigt, dass sich ein Geschäftsmodell im Laufe der Zeit auch verändern kann oder durch äussere Einflüsse verändern muss.
Gerade heute mit all der Dynamik kann man nicht einfach verbissen am Geschäftsmodell festhalten, sondern muss beweglich und anpassungsfähig sein. Das Stichwort heisst Agilität. In vielen Branchen wird es in den kommenden Jahren zu starken Veränderungen kommen.
Es braucht agiles Denken und Handeln und oft eine Anpassung des Geschäftsmodells, damit die Zukunft erfolgreich bewältigt werden kann. Wenn ich auf meinen ersten Businessplan schaue, dann hat sich da vieles geändert, nicht nur bei den Finanzzahlen.
Mein Fazit nach 15 Jahren
Ja, ich würde mich wieder selbstständig machen. Vielleicht etwas zielgerichteter und manchmal etwas konsequenter auch in der Kundenakquise. Ich schaue heute sehr zufrieden zurück auf 15 Jahre Selbständigkeit, ich habe meine persönlichen Ziele erreicht.
Wer sich selbständig machen will, dem empfehle ich abschliessend noch die Weisheit von Heinrich Kämpen, dem gemäss Wikipedia talentiertesten sozialistischen Dichter seiner Zeit: «Wer immer sinnt und nicht beginnt, // dem ungenützt die Zeit verrinnt.»
In dem Sinne wünsche ich allen Gründern einen guten Start und allen Selbständigerwerbenden weiterhin viel Erfolg für die Zukunft.
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