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Gedanken zum Sterbehilfe-Prozess gegen Erika Preisig

Gedanken zum Sterbehilfe-Prozess gegen Erika Preisig

Beim Sterbehilfe-Prozess gab es keine Gewinner

Anfang Juli stand die Sterbehelferin Erika Preisig vor Gericht. Angeklagt wurde sie unter anderem wegen vorsätzlicher Tötung. Von diesem Anklagepunkt wurde sie freigesprochen, aber wegen Widerhandlung gegen das Heilmittelgesetz verurteilt. 

Vor bald 5 Jahren haben wir im Rahmen des Basler Freiheitspodiums über das Thema Selbstbestimmung im Alter und über einen liberaleren Umgang mit dem Thema Sterbehilfe diskutiert. Damals ging es vor allem um die Frage, ob Spitäler die Türen für Suizidhelfer weiter öffnen sollen. Mehr dazu auf Freiheitspodium.ch 

Als Liberaler ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, dass jeder Mensch das Recht hat, selbst über den Tod zu entscheiden. Ich habe den Sterbehilfe-Prozess mitverfolgt und vor der Urteilsverkündigung einen Leserbrief dazu geschrieben.

Der Prozess war komplex, aber es ging vereinfacht um die Frage, ob die sterbewillige Patientin urteilsfähig war oder nicht. Wäre ihre Urteilsfähigkeit durch ein Gutachten belegt worden, hätte es wohl keinen Prozess gegeben. Es ist aber scheinbar bei uns in der Region Basel nicht so einfach für sterbewillige Patienten ein psychiatrisches Gutachten zu bekommen. Dass dann quasi Post mortem genauso ein Gutachten den Prozess mitentschieden hat, machte traurig und ist irgendwie auch pervers.

Der Freispruch wegen vorsätzlicher Tötung und die Ausführungen dazu vom Gerichtspräsidenten Christoph Spindler machten einem aber dann Mut für die Zukunft. Der Gerichtspräsident führte aus, dass der Freispruch aufgrund rechtlicher Überlegungen wegen zwei sich widersprechender Grundrechte erfolge: das Recht auf Leben, das vom Staat geschützt werden müsse versus das Grundrecht auf Selbstbestimmung, also auch auf den Freitod; dieses Grundrecht gelte auch für psychisch kranke Menschen.

Ich stelle 5 Jahre nach unserer Diskussion am Freiheitspodiums fest, dass zwar der Prozess eine sehr grosse mediale Beachtung fand, aber dass das Thema Sterbehilfe in der Schweiz eigentlich immer noch ein Tabuthema ist. Das sollten wir ändern.

In meinem Leserbrief habe ich gefragt, ob wir in der Schweiz nicht vielleicht ein Sterbehilfegesetz brauchen, damit die Fälle von Sterbehilfe besser geregelt werden können. Experten haben mir davon abgeraten, denn ein Gesetz würde mit aller grösster Wahrscheinlichkeit nicht zu einem liberaleren Umgang mit der Sterbehilfe führen. Das ist bedauerlich.

Damit wir aber in Zukunft nicht mehr post mortem über die Urteilsfähigkeit einer Sterbehilfepatientin diskutieren müssen, wäre es wünschenswert, dass die Berufs-Fachorganisation der Psychiater ihre Mitglieder dazu auffordert, im Rahmen ihrer Tätigkeit auch Berichte über das Vorhandensein und Nichtvorhandensein der Urteilsfähigkeit zu verfassen.

 

Bild:  Angelina Ströbel  / pixelio.de

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